Januar 2014
Liebe Leserin, lieber Leser
die
Spionagepraxis der US-Geheimdienste bis in höchste Regierungskreise
"befreundeter" Staaten hinein hat einen immensen Vertrauensschaden
verursacht. Die neue Führung der Deutschen Bank versucht gerade einen
tiefgreifenden Kulturwandel zu gestalten, um verlorenes Vertrauen
zurückzugewinnen. Und als das Ausmaß der Reaktorkatastrophe von Fukushima
deutlich wurde, war es für Bundeskanzlerin Merkel klar, dass es nicht mehr
gelingen würde, in der deutschen Bevölkerung ein ausreichendes Maß an
Vertrauen in die Sicherheit der Kernkraftwerke aufrecht zu erhalten - und
sie hat sofort die Notbremse gezogen.
Im Prinzip wissen wir es alle: Ohne Vertrauen geht es nicht.
Nicht im Privaten, aber auch nicht im öffentlichen Bereich und in der
Wirtschaft.
Und doch gilt zugleich: Auch ohne ein gesundes Misstrauen
geht es nicht. Wie passt das zusammen? Es passt zusammen, wenn man sich
klarmacht, dass Misstrauen nicht das Gegenteil von Vertrauen ist, sondern
sein korrigierender Gegenpol. Und dass erst durch Übertreibung aus
angemessenem Vertrauen "blindes Vertrauen" und aus gebotener Vorsicht
paranoider Kontrollwahn werden. Es kommt eben immer darauf an: Die
Bankenkrise war u.a. dadurch möglich, dass es zuwenig Bankenaufsicht gab.
Die Vertrauenskrise zwischen den Regierungen der USA und der BRD hingegen
hat ihre Ursache in unangebrachter, maßloser und zudem illegaler
Kontrolle.
Und wenn nun das Vertrauen beschädigt ist oder sich noch gar
nicht entwickeln konnte? Was kann man dann tun? Nun, zunächst braucht
es Zeit. Man sollte sich klarmachen, dass Vertrauen ein zartes Pflänzchen
ist, das langsam wächst und schnell zertreten ist. Helfen kann eine aktive
Gestaltung der Beziehungskultur durch praktizierte Transparenz,
Verlässlichkeit, Wahrhaftigkeit. Vertrauen wächst dann letztlich durch
immer neues Schenken von Vertrauen und die darauffolgende Erfahrung, dass
dieses Vertrauen auch belohnt wird.
Hier noch ein kleiner
Selbstcheck: Meine persönliche Vertrauenskultur ...
...
zunächst im Hinblick auf mich selber ...
- Wie sehr liegt mir daran, für andere vertrauenswürdig zu sein? Und
was tue ich dafür?
- Wie gehe ich mit enttäuschtem Vertrauen um?
- Halte ich mich für eine eher vertrauensselige oder eine eher
vorsichtige Person?
- Halten die Menschen in meinem Umfeld mich für vertrauenswürdig?
... und dann im
Hinblick auf mein Umfeld ...
- Welche Vertrauens-/Misstrauenskultur beobachte ich in meinem
beruflichen bzw. privaten Umfeld?
- Wo in meinem Umfeld wäre mehr Vertrauen hilfreich? Und wo mehr
gesundes Misstrauen?
- Was kann ich jeweils dafür tun? Und wer noch außer mir?
Literatur zum
Thema:
Uwe Chichy, Christian
Matul, Michael Rochow: Vertrauen gewinnt. Die bessere Art, in Unternehmen
zu führen, Stuttgart 2011. (klasse!)
Reinhard Sprenger: Vertrauen
führt. Worauf es im Unternehmen wirklich ankommt, Frankfurt/Main 3. Aufl.
2007.
Themenheft "Unternehmen Vertrauen": OrganisationsEntwicklung
1_2012.
Jan Philipp Reemtsma: Vertrauen und Gewalt. Versuch über
eine besondere Konstellation der Moderne, Hamburg 2009 (sehr
anspruchsvolle kulturgeschichtliche Studie).
Mein Seminar zu
diesem Thema: "Ressource Vertrauen"
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